Pfarrkonvent Berlin-Brandenburg tagte in Potsdam – Bischof i.R. Dr. Roth: Werbung für das Studium der Theologie
Zu seiner letzten Sitzung im laufenden Jahr trat der Pfarrkonvent des Kirchenbezirks Berlin-Brandenburg in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in den Räumen der Evangelisch-Lutherischen Christuskirche, Potsdam, am Dienstag, dem 5. November 2019, zusammen. Der Konvent begann mit einem Beicht- und Abendmahlsgottesdienst, in dem der Ortspastor, Pfarrer Christoph Schulze, als Liturg und Zelebrant fungierte, während Pfarrer Kirsten Burghardt Schröter (Pfarrbezirk Berlin-Marzahn / Angermünde) die Predigt hielt. Nach dem Gottesdienst begrüßte der Superintendent des Kirchenbezirks, Pfarrer Peter Brückmann, Berlin-Wedding, die Konventualen. Zugegen war letztmalig auch Pfarrer a.D. Johannes Kopelke, der mit Wirkung vom 1. November 2019 aus der SELK ausgetreten ist, um sich einer pfingstlerisch-charismatischen Gemeinschaft anzuschließen. Es war sein ausdrücklicher Wunsch sich aus dem Konvent zu verabschieden, dem er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienst angehört hat. Nachdem sich Herr Kopelke verabschiedet hatte, informierte Superintendent Brückmann die Konventualen aus dem Kollegium der Superintendenten und dem Beirat des Kirchenbezirks. Anschließend führte Pfarrer Hinrich Brandt, Greifswald, in den 2. Korintherbrief, Kapitel 5, Verse 1-10, ein. Diese Arbeitseinheit dient der eigenen Stärkung durch Gottes Wort, dem brüderlichen Austausch und der Predigtvorbereitung.
Als Hauptreferenten für den Konventstag konnte Bischof i.R. Dr. Diethardt Roth, Melsungen, gewonnen werden, der über das Thema der Nachwuchsgewinnung für das Theologiestudium referierte. Zunächst führte der emeritierte leitende Geistliche der SELK den Ist-Zustand vor Augen. Die finanziellen Mittel der SELK sind eingeschränkt, da sie sich allein aus Kirchenbeiträgen und Spenden ihrer Glieder finanziert. Die jährlichen Statistiken weisen einen Rückgang der Gliederzahlen aus. Auch Pfarrer verlassen die SELK vor dem Eintritt in den Ruhestand. Lediglich 9 Theologiestudierende stehen auf der Liste der Kirchenleitung, so Roth. Diese Zahl reiche bei Weitem nicht aus den personellen Bedarf an Pfarrern in den kommenden Jahren zu decken. Er vermisse eine offensive Werbung für das Theologiestudium auf allen Kanälen in seiner Kirche.
In einem zweiten Punkt führte Bischof i.R. Dr. Roth aus, wie seiner Kenntnis nach andere Kirchen mit der Herausforderung des Pfarrermangels umgehen. Auch wenn die finanzielle Seite aufgrund der Teilnahme am Kirchensteuereinzugssystems erfreulicher aussehe, stelle er dennoch fest, dass im Raum der evangelischen Kirche dennoch Theologiestudierende fehlen. Auch die geübte Praxis der Frauenordination in den Gliedkirchen der EKD führe nicht zu einer besseren Personallage. Grundsätzlich stelle er aber eine Ökonomisierung der Kirche fest. Auch sei der Pfarrberuf schlechter angesehen als noch vor Jahren. Dennoch erkenne Bischof Roth aber, dass die evangelischen Kirchen sehr professionell an die Werbung für ein Theologiestudium gingen. Er nannte unter anderem Internetseiten, die für ein Studium der evangelischen Theologie werben und sehr gut gemacht seien. Auch die Nutzung von Social Media sei nötig, um Nachwuchs für den Pfarrberuf zu gewinnen und werde von der evangelischen Kirche gut genutzt.
In einem dritten Punkt nahm Roth die Konventualen mit in die Kirchengeschichte der Evangelisch-Lutherischen Kirche Preußens – den Altlutheranern – einer Vorgängerkirche der SELK hinein. Auch im 19. Jahrhundert litt die altlutherische Kirche sowohl unter fehlenden finanziellen Mitteln als auch unter zu wenigen Pfarrern. Sie forderte ihre Glieder und die Pfarrer zum Gebet gemäß Matthäus 9,37-38 auf: Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende. Des Weiteren wird damals schon festgestellt, dass der Dienst des Pfarrers nicht geschätzt werde. Um dem entgegenzuwirken beschloss das Oberkirchencollegium der Altlutheraner die Pfarrgehälter zu erhöhen. Es wurde erkannt, dass ökonomische Gründe zum Rückgang der Pfarrer im Gemeindedienst geführt habe. Weiterhin gründeten die Altlutheraner einen Fonds für diejenigen, die Theologie studieren wollten. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg musste der damalige leitende Geistliche der Altlutheraner 1947, Oberkirchenrat Günther, feststellen, dass es eine große Not gebe die Gemeinden mit Pfarrern zu versorgen. Roth schloss als Fazit daraus, dass es stets einen Pfarrermangel gegeben habe, was aber nicht beruhigen dürfe.
In einem vierten Punkt benannte er die Herausforderungen für die SELK, um dem Pfarrermangel zu begegnen. Hierbei verwies er auf das Gebet, dass der Herr Arbeiter in seine Ernte sende. Denn der Herr selbst hat diese Bitte den Jüngern aufgetragen. Es gälte Gebetsvorschläge zu erarbeiten und Pfarrern sowie Gemeindegliedern zur Verfügung zu stellen. Zudem ermutigte er die zuhörenden Pfarrer auch über das Amt der Kirche – und damit auch über das Theologiestudium – zu predigen. Gefordert seien aber auch die Familien. Werbung für das Theologiestudium beginne in den Familien, sollte auch seinen Ort im Kindergottesdienst, im Konfirmandenunterricht, in der Jugend- und Erwachsenenarbeit haben. Zudem merkte Roth kritisch an, ob das vorherrschende Pfarrbild nicht überdacht gehöre. Jeder Pfarrer habe sich zu fragen, ob er Vorbild sei und die ihm anvertrauten Menschen, die Barmherzigkeit Gottes durch den Pfarrer wahrnehmen könnten. Geradezu als Beichtspiegel mahnte er zu fragen, wie über Kirche, Gemeinde, Pfarrer und Gemeindeglieder gesprochen werde. Ihm gehe es um ein wertschätzendes Miteinander, sodass sich jeder zu fragen habe, ob er für die Kirche auch dankbar sein könne. Roth regte an, ansprechende und moderne Internetformate zu entwickeln, die professionell gestaltet und betreut werden. Hier sehe er ein enormes Entwicklungspotential für die SELK, da ihr eine solche professionelle Werbung für das Theologiestudium auf allen Ebenen fehle. Selbst auf der Hauptseite der SELK fehle Werbung für das Theologiestudium. Die Kirche solle, so sein Rat, in Menschen investieren, die bereit sind das Studium der Theologie aufzunehmen. In einem abschließenden fünften Punkt fasste Bischof i.R. Dr. Roth seine Vorschläge in Form von Thesen zusammen. Der Konvent dankte dem Referenten für seine Ausführungen. Eine anregende Diskussion schloss sich an. Die Konventualen brachten auch eigene Ideen ein, um für das Theologiestudium zu werben und die Pfarrer zu stärken, wie die Einrichtung eines Personalreferenten, moderne Personalführung und Personalmanagement.
Im Anschluss befassten sich die Pfarrer des Konvents mit Kirchenbezirksinterna. Mit Dank an die gastgebende Gemeinde Potsdam und dem Reisesegen ging der Konvent zu Ende. (MB)