Superintendent des Kirchenbezirkes Berlin-Brandenburg  der  Selbständigen  Ev.-Luth. KircheSup. Roger Zieger  *  Mobil:   0170 / 213 03 76  *  E-Mail: Superintendent-BB@selk.de
Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche - historisch betrachtet 1. Die Geschichte Im Jahr 1797 besteigt Friedrich Wilhelm III. den preußischen Thron. Er ist durchaus ein frommer Mann, welcher der Aufklärung kritisch gegenüber steht. Er möchte in seinem Königreich die lutherische Landeskirche mit der reformierten Tradition des Königshofes zu einer neuen evangelischen Unionskirche vereinigen. Schon längere Zeit verfolgt das Herrscherhaus der Hohenzollern diese Absicht, die aber bisher gescheitert war. Durch das Zeitalter der Aufklärung aber sind die Bekenntnisunterschiede zwischen der Lutherischen Kirche und der reformierten Tradition zusehends in Vergessenheit geraten. I. Schon 1798 stand der kirchliche Neubau zu einer Unionskirche dem Herrscher vor Augen. Im Jahre 1808 werden die getrennten lutherischen und reformierten Kirchenbehörden vereinigt. Somit besitzt die lutherische Kirche kein selbständiges Kirchenregiment mehr. Ein Jahr später müssen die lutherischen und reformierten Kandidaten der Theologie vor ein und derselben Prüfungskommission ihre Examina ablegen. 1813 werden Bekenntnisverpflichtungen der Geistlichen allein auf die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche aufgehoben. Am 27. September 1817 wird durch königliche Kabinettsorder die neue evangelisch christliche Kirche ins Leben gerufen. Ein neuer Kirchentypus ist entstanden - die prostestantische Unionskirche. Die Reformierten Überzeugungen sollten gleichermaßen, wie die lutherischen Bekenntnisschriften gelten. Alle Richtungen sollen sich in neuen Verlautbarungen und Bekenntnistexten wiederfinden können. Am 27. September 1817 feiert König Friedrich Wilhelm III. von Preußen einen gemeinsamen Abendmahlsgottesdienst mit Reformierten und Lutheranern in der Garnisonkirche Potsdam. In zahlreichen anderen Orten, wo Reformierte Lutheraner nebeneinanderlagen, wurden ebenfalls gemeinsame Abendmahlsgottesdienste gefeiert. Ab 1820 beginnt der König eine für alle evangelischen Konfessionen verbindliche Agende in Preußen zu entwickeln und in seinem Land einzuführen. Hiergegen erhebt sich Widerstand bei lutherischen Gemeinden und Pfarrern. 1824 wird die unierte Agende erneut vorgelegt, die aber von einigen Pfarrern weiterhin abgelehnt wurde. Der Hauptwurf ist, dass diese Agende nicht lutherisch sei und darum auch in einer lutherischen Kirche nicht in Geltung sein könne. Nochmals wird die Agende überarbeitet und mit Provinzialanhängen versehen. Die meisten Agenden werden 1829 herausgegeben. Feierlich soll sie nun landesweit am Gedenktag des Augsburgischen Bekenntnisses, den 25. Juni 1830, in Gebrauch genommen werden. II. Die Verfolgung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Preußen Friedlicher Widerstand gegen die neue Unionskirche entsteht zunächst in Breslau. An der Evangelisch- Lutherischen Elisabethkirche ist der Universitätsprofessor für Theologie Johann Gottfried Scheibel als Diakonus - Pfarrer - tätig. Schon 1817 wendet er sich gegen die Union und die neue Agende. Als aber 1830 auch in der Elisabethkirche die neue Unionsagende eingeführt werden soll, weigert er sich nach diesem neuen Ritus den Gottesdienst zu feiern. Hierauf wird er Amtsenthoben. Der weitaus größte Teil tritt der Union bei, während sich zunächst nur eine kleine Gruppe um den Theologieprofessor und Pfarrer an der St. Elisabeth-Kirche, Johann Gottfried Scheibel, zur lutherischen Kirche halten. Jedoch wächst die Gruppe um Scheibel in Breslau und Umgebung bis Ende 1830 auf 2000 Gemeindeglieder. Neben Scheibel sind auch der Juraprofessor Eduard Huschke und der Naturwissenschaftler Prof. Steffens, die als führende Köpfe der Lutherischen Kirche dienen. Das Recht auf freie Religionsausübung, Meinungs- und Versammlungsfreiheit wollte man staatlicherseits den Lutheranern nicht zugestehen. Die erste Bittschrift richten diese Lutheraner an König Friedrich Wilhelm III. am 27. Juni 1830 - also zwei Tage nach der offiziellen Einführung der Unionsagende. In monatlichen Abständen richten sie diese Bittschriften an ihn mit der Bitte, um eine selbständige lutherische Kirche, selbständiger lutherischer Verfassung und selbständiger lutherischer Kirchenleitung: "Wenn Ew. Majestät allergnädigst erklären: die nicht unierte Kirche der Augsburgischen Konfessionverwandten dürfe sich frei neben die unierte evangelische hinstellen, jene solle einen Teil von den Kirchengebäuden und Gütern, die ihr früher allein gehörten, zurückerhalten, sie dürfe Prediger ihres Bekenntnisses haben, ihren Gottesdienst in alter Ordnung halten, ihre Parochalverhältnisse ordnen - wie schnell würde freundlichste Ordnung und Eintracht an die Stelle der jetzt allgemein herrschenden Zerrüttung treten." Erst Ende 1830 wird den Lutheranern abschlägig durch den Minister von Allenstein geantwortet. Dennoch wächst die Zahl der Lutheraner, nicht nur in Breslau, sondern im ganzen preußischen Staatsgebiet. Minister von Allenstein ist entschlossen den friedlichen Widerstand zu brechen und die Lutheraner in die evangelische Union zu zwingen. Polizei und schließlich Militär sollten die Lutheraner in die Gemeinschaft mit der neu entstandenen unierten Landeskirche nötigen. Zunächst wendet sich der preußische Staat gegen die drei Pfarrer um exemplarisch zu Abschreckungszwecken gegen sie vorzugehen. Pfarrer Berger aus Hermannsdorf wird durch eine königliche Kommission suspendiert. Der zuständige Landrat in Polizeibegleitung setzt die Suspendierung durch, indem gefordert wird die Kirche zu öffnen, um die neue Agende auf den Altar zu legen. Pfarrer Berger wird unter Polizeibewachung gestellt und schließlich in Breslau inhaftiert. Pfarrer Kellner aus Hönigern ereilt ein ähnliches Schicksal. Pfarrer Kellner weigert sich ebenfalls die neue Unionsagende zu verwenden, worauf er durch den Superintendenten suspendiert wurde. Friedlich weigern er und seine Gemeinde sich das Kirchgebäude der Unionskirche zu überlassen. Auch wenn der Landrat, die Polizei und der unierte Superintendent zunächst nichts auszurichten vermögen, so rückt am 23. Dezember preußisches Militär an, um sich gewaltsam der Kirche zu bemächtigen. Eine stattliche Streitmacht von 400 Infanteristen, 50 Kürasiere und 50 Husaren stehen unbewaffneten Zivilsten gegenüber. Mit Kolbenstößen verschafft sich das Militär gewaltsam zutritt. Am ersten Weihnachtstag übergibt der unierte Superintendent in einem Gottesdienst dem neuen unierten Pastor die Agende und das

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